· 

Eine Woche bei der Schweizergarde

Roman Sieber, ein Firmand aus Rebstein, hat eine Woche mit anderen jungen Männern aus der Schweiz eine Schnupperreise zur Schweizergarde in Rom gemacht. Er berichtet uns von seinen Eindrücken und Erlebnissen rund um die Ewige Stadt, den Vatikan, den Papst und natürlich: die Schweizergarde.

Die Schweizergarde in Rom, die kleinste Armee der Welt. Jedoch hat die kleinste Armee, mit

einem Corps von 135 Mann, trotzdem eine der grössten und anspruchsvollsten Aufgaben:

den Schutz von Papst Franziskus und des Vatikanstaates. Unterstützt werden sie dabei vom

vatikanischen Polizei Corps (The Gendarmerie Corps of Vatican City State). Die

Schweizergarde ist seit 1527, als das Sacco di Roma (Plünderung Roms) stattfand und bei

dem sich 147 Gardisten für den Papst totschlagen liessen, für den Schutz des Papstes

zuständig.

Ich wurde durch verschiedene Medienberichte und Fernsehmitteilungen auf den Dienst der

Garde aufmerksam und interessierte mich fortan dafür. Das Interesse wurde irgendwann so

gross, dass ich mich dazu entschied, mich für die alljährlich vom Vatikan organisierte

Schnupperwoche im Oktober 2019 anzumelden. Die Anmeldung erfolgte per E-Mail an das

Rekrutierungsbüro im Glarnerland. Ich musste verschiedene Dokumente einsenden und

dann wurde entschieden ob ich an dieser Woche teilnehmen darf oder nicht. Zu meiner

persönlichen Freude ging es nicht lange und ich hatte die Zusage erhalten. Ich konnte es

kaum erwarten nach Rom zu reisen und mir alles anzusehen.

Einige Wochen nach der Anmeldung erhielt ich erste Informationen per Post zugestellt, es

war ein Wochenplan für die Reise. Darauf wurde erläutert, wie das Programm aussehen wird

mitsamt der An- und Abreise und einiger kleiner Vorschriften von Seiten der Garde und des

Vatikans. Mit jedem Tag, der vergangen ist, freute ich mich noch mehr auf diese Erfahrung.

Am Sonntag, dem 06.10.19 war es endlich soweit, wir reisten nach Rom. Treffpunkt 08:30

Uhr Zürich Hauptbahnhof. Ich traf auf eine Gruppe von 22 jungen Männer aus der ganzen

Schweiz. Niemand kannte den anderen und das konnte man auf der fast 9-stündigen

Zugfahrt von Zürich nach Rom ändern. Man hatte in diesen 9 Stunden auch Zeit oder besser

gesagt die Verpflichtung, sich einen sympathischen Mitreisenden zu suchen, mit dem man

sich diese Woche das Zimmer teilen wollte. Ich für meinen Teil fand schnell einen

passenden Zimmergenossen. Er kommt aus dem Tessin, somit konnte ich auch gleich

meine Italienisch-Kenntnisse ein bisschen aufbessern 😉 .

In Rom angekommen, (zu spät) wurden wir direkt mit Bussen in den Vatikanstaat gebracht,

wo es direkt zur heiligen Messe in der Gardekapelle ging. Ich meldete mich freiwillig die

Fürbitten vorzulesen – ein fataler Fehler – wie sich herausstellen sollte. Denn in Rom werden

zwischen den Fürbitten Orgelstücke gespielt, was ich nicht wusste und daraufhin von einem

Pfarrer am Weiterlesen gehindert werden musste.

Danach wurde uns das Hotel in Rom gezeigt und wir konnten unsere Zimmer beziehen.

Nach dem Abendessen waren wir frei und konnten die Stadt erkunden.

Am nächsten Morgen ging es zuerst ins Gardequartier in den Vatikanstaat, mit

anschliessender Begrüssung im Ehrenhof, durch den Kommandant der Schweizergarde

Christoph Graf. Den restlichen Morgen verbrachten wir mit Vorträgen und einem Besuch des

Petersplatzes. Nach dem Mittagessen in der Kantine der Schweizergarde, besichtigten wir

einige relevante Orte der Garde, wie die Armerie, Fitnessräume, Turnhalle, Musikzimmer,

Bibliothek, Schneiderei oder das California-Zimmer, in dem die neuen Gardisten den ersten

Monat wohnen. Anschliessend ging es für uns noch auf die Kuppel der Peterskirche, wo man

einen herrlichen Ausblick über Rom und den Petersplatz geniessen konnte.

Dienstagmorgen, Treffpunkt beim Cancello Petriano, von wo aus wir die Dienstposten der

Garde besichtigten. Eingang Arco delle Campagne, Po Belvedere, Eingang Cancello Sant’Anna usw. sind nur einige der vielen Posten und Einsatzbereiche der Schweizergarde.

Ebenfalls besuchten wir die Vatikanischen Gärten, in denen der emeritierte Papst Benedikt

XVI. wohnt.

Zum Abschluss des Tages nahmen wir nochmals an der Heiligen Messe in der

Gardekappelle teil, die übrigens gemischt in 3 Sprachen gehalten wird. Abends liessen wir

es uns nicht nehmen, einen Gang in die Stadt Rom zu wagen. Man traf sich dort meistens und

lernte sich so auch automatisch besser kennen.

Mittwoch, der aufregendste und schönste Tag der Woche mit meinem persönlichen Highlight.

Am Morgen ging es früher als jemals zuvor in dieser Woche zum Vatikan. Wir besichtigten

die Sixtinische Kapelle, in der jeweils auch das Konklave (Wahl des neuen Papstes)

stattfindet. Das spezielle: wir waren so früh dran, dass wir sie ohne Touristen besichtigen

konnten, sehr speziell!

Anschliessend ging es auf den Petersplatz zur Generalaudienz von Papst Franziskus. Wir

hatten gute Sitzplätze direkt in der Nähe des Papstes. Ein erster Höhepunkt war, als er uns in

Rom begrüsste und uns bat, aufzustehen und auf uns aufmerksam zu machen, er wank uns

zu. Nach der Audienz kam Hektik auf. Wir mussten aufstehen und uns auf einer Treppe vor

dem Petersplatz vor allen Menschen aufstellen. Danach erzählte man uns was gleich

geschehen wird und es war unglaublich, denn niemand hätte das erwartet und es war auch

nicht geplant. Einige Minuten später geschah es, Papst Franziskus kam auf uns zu und

sprach mit uns allen, anschliessend gab es noch ein Foto und der Papst ging wieder. Noch

keiner konnte es richtig glauben und trotzdem war es geschehen. Ich werde niemals den

Moment vergessen als er vor mir stand und mir in die Augen sah. Das war mit Abstand der

speziellste Moment dieser Reise und mit dieser Meinung stehe ich definitiv nicht allein da.

Weiterhin verblüfft besichtigten wir anschliessend die Petersbasilika, bevor wir uns auf den

Weg in den Ehrenhof machten, zur offiziellen Verabschiedung.

Nachmittags erkundeten wir mit Pfarrer Ruedi Heim und dem Rekrutierungschef der Garde

Bernhard Messmer noch die Stadt Rom, sowie einige interessante Kirchen und Denkmäler.

Der letzte Abend wurde festlich in einer Pizzeria gefeiert, ebenfalls anwesend waren

Kommandant Christoph Graf, sowie 2 Schweizergardisten, die uns für Fragen zur Verfügung

standen. Vor eben jener Pizzeria gab es danach ein kleines Abschiedsgespräch mit dem

Kommandanten. Er bedankte sich für unser Interesse und würde sich freuen, einige von uns

in ein paar Jahren als Gardisten im Dienst des Papstes wieder zu treffen.

Anschliessend zog er einen Umschlag, den er am Morgen von Papst Franziskus erhalten

hatte, hervor. Er überreichte jedem ein kleines grünes Ledertäschchen. Darauf befand sich

das Wappen von Papst Franziskus und darin ein spezieller Rosenkranz mit dem Wappen

des Vatikans und ebenfalls jenem des Papstes. Diese Rosenkränze wurden speziell für uns

gemacht und sind gesegnet worden vom Heiligen Vater. Wir bedankten uns und verbrachten

anschliessend den letzten Abend in der Ewigen Stadt.

Am Donnerstag 10.10.19 ging es, zum Leid aller, zurück nach Hause. Packen, Frühstück und

anschliessend mit dem Bus des Vatikans zurück zum Bahnhof Roma Termini. Auf der wieder

knapp 9-stündigen Rückfahrt gab es viel Zeit zu diskutieren und die Eindrücke zu

verarbeiten, wobei die meisten geschlafen haben.

In Zürich angekommen, trennten sich unsere Wege, was sehr zu bedauern war. Es heisst,

die Garde schweisst zusammen und bildet Freundschaften. Das kann ich nur bestätigen,

auch nach nur einer Woche. Zwischen mir und meinem Zimmerkollegen besteht immer noch

sehr enger Kontakt.

Alles in allem war es eine unglaubliche Woche, wir haben so viel erlebt, sind an Orte

gekommen, wo man als Tourist nie hinkommen würde, haben ein Foto mit dem Papst gemacht und einen von ihm gesegneten Rosenkranz erhalten. Ich bin nach dieser Woche

fest dazu entschlossen, in den Dienst der Schweizergarde einzutreten. Die Schweizergarde

ist eine Lebensschule, und diese Chance will ich ungern ungenutzt lassen. Ich hoffe, eines

Tages dem Vatikan und der Schweizergarde dienen zu dürfen.

Ich würde diese Reise jedem empfehlen, denn es ist einzigartig und sollte man auch nicht eines Tages in den Dienst eintreten, so hat man trotzdem bleibende Erinnerungen und auch

ein paar neue Freunde.

Folgende Fotos hat Roman Sieber auf seiner Reise gemacht: